11. XiangQi-WM in Xintai/China (29.08.-02.09.2009)
Die nachfolgenden Texte geben die subjektiven Eindrücke von Reinhard Knab wieder,
der als einer von neun männlichen Spielern den DXB in Xintai vertreten durfte.
Widersprüchliche Meinungen werden hier gerne (unter Angabe der Herkunft) veröffentlicht.
An- und Abreise
Die Flugdauer von ca. 10 Stunden sowohl für den Hinflug Frankfurt-Peking als auch den
entgegengesetzten Rückflug waren bei Air China dank der freundlichen Umsorgung durch das Personal
gut zu ertragen. Da könnte sich der deutsche Anbieter, der für die Anschlussflüge von und
nach Nürnberg eingesetzt wurde, etwas abschneiden - aber vielleicht lag es ja auch nur an der extrem
kurzen Flugdauer von ca. 30 Minuten, dass man sich als Economy-Reisender zweitklassig behandelt vorkam.
Wirklich gewöhnungsbedürftig war dann aber vor allem der Strassenverkehr in China, wo von einer
Einhaltung eventuell doch vorhandener Verkehrsregeln weder im von Autos überfüllten Peking noch auf
den schnurgeraden Strassen im Hinterland wenig zu sehen war: Rechts überholen, knappes Einscheren, und
ein gelegentliches Beharren auf dem Recht des Stärkeren können nur funktionieren, solange der Verkehr
relativ langsam rollt (Tempolimit auf Autobahnen 120 km/h) und alle aufeinander Rücksicht nehmen.
Da wirkten die jeweils etwa 3 stündigen Fahrten mit dem ICE-ähnlichen Eilzug von Peking nach Tai'an
resp. auf der Rückfahrt von Jinan nach Peking trotz Spitzengeschwindigkeiten von 240 km/h fast schon
geruhsam.
Unterbringung, Verpflegung
Das Rongfeng International Hotel (das einzige 5 Sterne-Hotel in der näheren Umgebung) liess bzgl. Zimmern,
Essen und auch Spielsaal kaum Wünsche offen. Als das 3-malige tägliche Buffet, an dem es zu jeder
Mahlzeit alles (warm/kalt, Salat, Obst) gab, allmählich zu langweilen begann konnte mit dem Selbstkochen am
Tisch (integrierte Heizplatte, Topf mit Wasser für jeden Gast) eine neue Herausforderung geschaffen werden.
Leider gab es für mich als Spieler wieder einmal kaum Möglichkeiten zu touristischen Aktionen resp. zum
Besuch der Stadt. Die notwendigen Einkäfe (XiangQi-Bücher, -Bretter sowie Mitbringsel in Form von Tee)
wurden von der Begleitung fachgerecht erledigt. Ebenso dokumentieren knapp 200 digitale Fotografien die Umgebung
des Hotels im "Dorf" Xintai mit seinen knapp 1,35 Millionen Einwohnern.
Rahmenprogramm
Vor dem Turnier stand noch ein Vergleichskampf der deutschen und finnischen Nationalmannschaft mit Spielern
unterschiedlicher Stärke (inkl. 14-jähriger Mädchen!) in Peking auf dem Programm: Dieser ging
verdient und nicht wirklich knapp mit 1,5:13,5 verloren, was einen deutlichen Eindruck vom Niveau des
europäischen XiangQi-s im Vergleich zu systematisch ausgebildeten chinesischen Spielern aufzeigt.
Vor ort in Xintai beschränkten sich die touristischen Aktivitäten dann auf eine nachmittägliche
Besteigung des Tai Shan - des wichtigsten buddhistischen Berges in China. Insgesamt ca. 2 Stunden Anfahrt mit
Bussen sowie eine Seilbahnfahrt waren notwendig, um dann wenigstens eine gute Stunde zu Fuss das höchst
kommerziell überflutete Plateau des "heiligen Berges" erkunden zu können. Zum Glück
waren der Nachmittag die eher ruhigere Zeit - der dort schöne Sonnenaufgang lockte bereits 2003 mehr als
6 Millionen Besucher auf den Gipfel ...
Einen kleinen Höhepunkt hatte unser chinesischer Organisator Xue Zhong vor dem Rückflug vorbereitet:
Die letzte Übernachtung fand in einem ehemaligen Wohnhaus eines wohl etwas begüterten Beamten in der
Altstadt von Peking statt! Das um 2 nicht überdachte Innenhöfe aufgebaute Haus wird mit dem originalen
Mobiliar als Hotel genutzt und ermöglicht trotz der nachträglich eingebauten sanitären und
elektrischen Annehmlichkeiten einen guten Einblick in das alltägliche Leben.
Spielbedingungen, Organisation
Die Weltmeisterschaft konnte in einem Veranstaltungsraum des Hotels ausgerichtet werden, wo die 77 Spieler und
12 Spielerinnen sowie das gute Dutzend Referees (jeweils ein Schiedsrichter für 4 Bretter) mehr als genug
Platz hatten.
Die Organisation war bestens, die Auslosungen liessen nie lange auf sich warten und auch über die aktuelle
Platzierung wurde man auf dem laufenden gehalten. Unter
http://www.01xq.com
wurde auch die Weltöffentlichkeit sehr zeitnah auf dem Laufenden gehalten. Dies in den kommenden Austragungen
(2011 soll zunächst Indonesien an der Reihe sein) zu übertreffen dürfte schwierig werden.
Rundenberichte Reinhard Knab
9 Partien aus Xintai
Aufgrund fehlenden Urlaubs konnte ich selbst das 4-tägige Warm-Up-Training für die europäischen
Teilnehmer in Peking leider nicht mitmachen. Das übrige Team war begeistert - aber auch ein wenig geschafft,
speziell unsere 3 als Dolmetscher eingesetzten Chinesen, die alle Analysen der Meister ins englische und/oder
deutsche übertragen mussten.
Das Turnier entwickelte sich weitgehend zu einem Auf und Ab knapp unterhalb der 50%-Marke: 1 aus 2, 2 aus 4,
2,5 aus 5 sowie 3,5 aus 7 lauteten die Durchgangsmarken, ehe 2 Schlussniederlagen das Gesamtbild deutlich
trübten. Dass die Punkte gegen 6 chinesische und 3 nicht-chinesisch/vietnmesiche Gegnern (darunter 2 Japaner)
geholt wurden dürfte das Ergebnis aber aufwerten.
Am Ende blieb mit 3,5 Punkten aus 9 Partien und Rang 56 von 77 Teilnehmer ein Platz im hinteren Drittel, wobei
sich der 12. Rang von 31 nicht-Chinesen/Vietnamesen schon besser anhört. Zwar konnte Deutschland nur aufgrund
eines glücklichen "Ausrutschers" nur einen der 8 Preise für Langnasen ergattern (der erst
18-jährige Stephan Bradler mit 4,5 Punkten!), doch zeigt sowohl der übrigen 6 deutschen Langnasen mit
jeweils 3,5 Punkten wie auch die umkämpfteren Partien den allgemeinen Aufwärtstrend.
Aber dennoch bleibt auch in den kommenden Jahren genug zu tun, um das Niveau in Deutschland weiter zu steigern.
Qualität und Quantität sollten dabei Hand in Hand gehen - mal sehen was sich in dieser Hinsicht bewegen
lässt!