9. XiangQi-WM in Paris (31.7.-6.8.2005)
Die nachfolgenden Texte geben die subjektiven Eindrücke von Reinhard Knab wieder,
der als einer von sechs männlichern Spielern den DXB in Paris vertreten durfte.
Widersprüchliche Meinungen werden hier gerne (unter Angabe der Herkunft) veröffentlicht.
An- und Abreise
Flugzeug, Zug oder doch Auto? Vor dieser Frage stellt man sich, wenn man etwa 850 km vom
Veranstaltungsort entfernt ist. Eine kurze Recherche im Internet mit Preisvergleich brachte die
Entscheidung: Bei 3 Personen ist trotz französicher Autobahnmaut das Auto das günstige
Verkehrsmittel. Überdies konnte die Strecke bei der Anreise durch eine Überhachtung bei
Verwandten zweigeteilt werden, UND überdies die Effizienz durch Mitnahme eines vierten (auf
der Rückfahrt sogar eines fünften) Passagiers noch gesteigert werden.
Das Fahren auf den französischen Autobahnen kann trotz (oder gerade wegen?) der Maut nur
empfohlen werden: weniger Verkehr im Allgemeinen, weniger LKWs im Besonderen, und aufgrund des
(zumeist) eingehaltenen Tempolimits von 130 km/h (110 km/h für Fahranfänger in den ersten
beiden Jahren) ein wesentlich geruhsameres Fahren. Welch ein Schock bei der Rückkehr auf die
Bundesautobahnen!! :-)
Unterbringung, Verpflegung, Rahmenprogramm
Die Unterbringung im Hotel-Komplex Chinagore,
fast schon idyllisch vor den Toren Paris' am Zusammenfluss von Seine und Marne gelegen, entsprach
ganz dem Geist der Veranstaltung. In dem überwiegend von chinesischen/asiatischen Besuchern
bewohntem Hotel gab es 3 mal am Tag chinesisches Buffet, zum Frühstück kontinental
angereichert. So ergab sich zumindest die Gelegenheit, die Stäbchen-Technik zu verfeinern;
leider gelang es den vereinten deutsch-finnischen Bemühungen viel zu schnell, den offenbar
für die gesamte Woche gedachten Biervorrat bis zum Mittwoch zu dezimieren.
Das Rahmenprogramm - bei 11 Spielrunden gab es für die WM-Teilnehmer wenig Gelegenheit, grosse
Ausflüge nach Paris zu unternehmen - bestand aus einem Eröffnungs-Diner "western stil", das
bei einer 2-stündigen Bootsfahrt auf der Seine serviert wurde, sowie einer Besichtigungstour am
spielfreien Nachmittag mit 3 Bussen, chinesischen Erläuterungen sowie mehreren kurzen Halts
für die obligatorischen Beweisfotos ("Europa in einer Woche" ist bei dieser Art der
Städtebesichtigung sicher keine Utopie). An die Busfahrt schloss sich ein chinesisches Dinner an,
das dem 2 Tage später stattfindenden Abschluss-Dinner mit Siegerehrung seeehr ähnelte.
Spielbedingungen, Organisation
Die Bedingungen im Spielsaal konnten sich mit denen von vielen offenen Turnieren im westlichen Schach
vergleichen lassen, für die knapp 90 TeilnehmerInnen war der Raum angemessen. Neben der etwas
ungewohnten Zeitkontrolle (25 Züge in 60 Minuten, weitere 25 in 30, dann jeweils 20 in 10) sowie
der ungewohnten Einstellung der Uhr (es wurden ausschliesslich die Minuten angezeigt und für die
Zeitkontrolle herangezogen, wobei man auch die letzte Minute vor der Zeitüberschreitung blind
absolvieren musste) verblüffte anfangs auch die Tatsache, dass für jeweils 2 Bretter ein
Assistenz-Schiedsrichter abgestellt wurde. Allerdings hielten sich deren Befugnisse (und leider auch
Kompetenzen) zum Teil in Grenzen, weshalb es bei einigen der auftretenden Protestfälle - vor
allem wegen Zeitüberschreitungen - zu einer erheblichen Erhöhung der Lautstärke kam.
Dies führte denn auch dazu, dass die Turnierleitung aus Rücksicht auf die chinesischen GMs
den Saal alsbald von Spielern und Zuschauern geräumt wissen wollte; waren die Spitzenpaarungen
allerdings bereits beendet so wurde der Lärm nicht mehr als allzu tragisch empfunden ...
Überhaupt war wohl die Organisation einer der Schwachpunkte des Turniers: Erst ab Runde 6 oder 7
wurden Tabellen mit den Zwischenständen ausgehängt, die Paarungen allerdings auch dann erst
etwa eine Stunde vor Partiebeginn veröffentlicht. Zumindest war man auf diese Weise vor allzuviel
Eröffnungsvorbereitung der Gegner sicher, die meisten Partien wurden auf eine ruhigere,
positionellere Art begonnen und geführt. So blieben auch mir die befürchteten Kurzniederlagen
aus der Eröffnung heraus erspart ...
Rundenberichte Reinhard Knab
11 Partien aus Paris
Meinen Turnierverlauf kann ich in 3 Phasen einteilen:
- starke Eröffnung: 2 Punkte aus 3 Partien, nach einem glücklichen Überraschungssieg
in Runde 3
- schwächeres Mittelspiel: nur ein Remis aus den Partien 4-7, allerdings gegen ausnahmslose
starke Gegner, sowie 3 Mal mit Schwarz spielend
- Konsolidierung in der Schlussphase: 3 Remisen (davon 2 in frühen Spielphasen) um Kraft zu
sparen sowie ein schneller Rot-Sieg
Am Ende also 5 Punkte aus 11 Partien, Rang 46 in der Schlusstabelle (von 70 Teilnehmern) und dabei auf
Platz 8 in der Nicht-China/Vietnam-Wertung - ein erfreulicher Abschluss der WM mit einer homogenen
deutschen Mannschaft (Plätze 2,5,6,8 und 12 in der Nicht-Asiaten-Wertung, damit alle in den
Preisgeldern!, sowie Rang 19 im Gesamtturnier für den stark aufspielenden Zhang Zhang), mit der
die Teilnahme unter Team-Captain Claus Tempelmann viel Spass gemacht hat.
Somit kann das (zumindest MEIN) Ziel nur lauten: Auf eine Neues in 2 Jahren in Macao!