12. XiangQi-WM in Jakarta/Indonesien (21.11.-25.11.2011)

Die nachfolgenden Texte geben die subjektiven Eindrücke von Reinhard Knab wieder, der als einer der DXB-Spieler in Jakarta antreten durfte.
Widersprüchliche Meinungen werden hier gerne (unter Angabe der Herkunft) veröffentlicht.

Vorprogramm in China (Shanghai - Nanjing - Wuhan - Guangzhou, 13.11.-19.11.2011)

Zur Vorbereitung auf die WM war das deutsche Team eine knappe Woche in China unterwegs - gut vorbereitet von unserem "Reiseleiter" Xue Romeo Zhong, viel (Reise-)Streß, aber auch viele neue und nette Erfahrungen!
Unser herzlicher Dank gilt aber auch den chinesischen Gastgebern für die Einladung, Organisation und Betreuung!
 
Nach der abendlichen Ankunft in Shanghai (Sonntag, 13.11.) ging es per Auto weiter nach Nanjing. Einer kurzen Nacht folgte eine Busfahrt zu einem Naherholungs-Ressort an einem See, an dem ein Freundschaftskampf gegen das Regionalteam aus Jiangsu anstand. Über das Ergebnis mag der Mantel des Schweigens gedeckt werden, aber einzelne Erfolge waren doch zu verzeichnen. Hervorzuheben das traditionelle Abschluß-Diner der Veranstaltung mit ausgewählten Speisen (gell, Uwe? *g*)und auch genügend alkoholischen Getränken :-)
Zur Erholung und Regeneration gab es noch eine Fußmassage, vor dem Besichtigungsprogramm des kommenden Tages auch notwendig.
Es ging nach einem Besuch im John-Rabe-Museum nämlich zu Fuß viele Stufen zum Mausoleum des Staatsgründers hinauf, entsprechend auch wieder hinab und nach dem Mittagessen im "Goldenen Hans", einem DEUTSCHEN Lokal, weiter durch die Innenstadt von Nanjing (per pedes und per Boot).
Am Abend durften die Kinder der Children Chess Academy die ausländischen Gäste testen, zum Teil mit guten Erfolgen für die Kids, zum Teil auch mit sehr guten Ergebnissen für die deutschen Simultanspieler (vor allem Pu Fangyao und Michael "Zock" Nägler). Ich selbst durfte/musste simultan westliches und chinesisches Schach spielen, es sprang immerhin ein 1:1 dabei heraus :-)
 
Am Tag darauf (Mittwoch, 16.11.) ging es im Schnellzug weiter nach Wuhan. Dort verzögerte sich die Abholung etwas, da die 10-Millionen-Stadt über zwei Fernbahnhöfe verfügt - und wir unerwartet am anderen festsaßen und uns die Zeit mit XiangQi-Partien gegen einheimische Opfer vertreiben mussten :-)
Schließlich gelang der Bustransfer zu den dort stattfindenden nationalen Mind-Sports-Games (XiangQi, Schach, Go, Bridge, Dame ...) doch noch und wir durften uns ein erstes Mal als Ehrengäste bei den Turnieren umsehen. Das gleiche Programm gab es auch am kommenden Tag, ergänzt durch den Besuch einer Schach-Ausstellung sowie eines Trainingsnachmittages mit Partien und Aufgaben. Auch den örtlichen Medien war unser Besuch entsprechende Aufmerksamkeit wert, von Fotos in der Tagespresse bis zu Interviews war alles geboten.
 
Am Freitag, 18.11., verabschiedeten wir uns nach einem Besuch beim "Golden Crane Temple" von Wuhan und es ging per Flugzeug weiter nach Guangzhou, wo Caifang in ihrer Heimatstadt zu uns stieß. Nach einem Besuch im Schachpark beschloß eine nächtliche Bootsfahrt auf dem Perlfluß den Tag. Nach einer Besichtigung der noch nicht ganz fertigen Schachausstellung im noch nicht eröffneten Schach-Sport-Hotel, in dem wir die Nacht verbracht hatten, ging es weiter zum Flughafen und damit endgültig nach Jakarta, wo die WM auf uns wartete.

Unterbringung, Verpflegung

Das 5-Sterne-Hotel Borobodur im Zentrum von Jakarta hielt was man sich davon versprochen hatte. Auch wenn die Sicherheitskontrollen mit Durchleuchtung sämtlicher Gepäckstücke bei jedem Betreten ungewohnt waren, die Zimmer und vor allem auch die Verpflegung waren ok.
Buffet zum Frühstück, Mittagessen und Abendessen, jeweils asiatisch und europäisch sowie mit separater Schweine-Ecke, ließ keine Wünsche offen. Der großzügig angelegte Hotelgarten mit Swimmingpool tröstete darüber hinweg, daß ein Verlassen des Hotels - auch wegen Hitze und Verkehr - nicht unbedingt empfehlenswert war.
 
Plus- und Minus-Punkt gleichermaßen: Die Klimaanlage, die nach einem Abstecher in den Garten fast schon zu schnell die Temperatur absenkte, was nicht ohne Folgen (Erkältung) bleiben sollte.

Rahmenprogramm

Aufgrund der tropischen Wärme und des engen Terminplans hatten die Teilnehmer nur begrenzte Möglichkeiten, das Hotel zu verlassen. Die Busfahrten zu den auswärtigen Lokalen für Eröffnungsfeier, Fisch-Essen, etc. boten aber genügend Möglichkeiten, die chaotischen Verkehrsverhältnisse in Jakarta in Augenschein zu nehmen :-)
Für die Begleiter gab es die Möglichkeit, an Besichtigungs- und Ausflugstouren teilzunehmen. Diese wurden von örtlichen Reiseveranstaltern organisiert und von Tour-Guides begleitet, führten einerseits zu den Sehenswürdigkeiten von Jakarta, andererseits aber auch ins Umland mit z.B. dem Besuch eines Tierparks.

Spielbedingungen, Organisation

Leider war das große Hotel auch Schauplatz zahlreicher anderer Events, Veranstaltungen und Messen. So musste der Spielsaal von den Organisatoren mehrfach komplett auf und abgebaut werden. Bis auf eine etwas extreme Kühlung waren die Spielbedingungen aber ok.
Das Organisationsteam hatte anfangs mit Problemen zu kämpfen: Aufgrund eines Bedienfehlers der Paarungssoftware wäre die erste Runde statt mit den gezogenen Startnummern fast mit den Nummern der national sortierten Setzliste ausgelost worden. Danach kam das Team aber schnell in Tritt, so dass zu späteren Runden die Paarungen, Ergebnisse und sogar die Partien online abrufbar waren.

Rundenberichte Reinhard Knab

9 Partien aus Jakarta
 
Leider zeigte die Vorbereitungswoche bei mir nicht die erhoffte Wirkung:
Der Start ins Turnier ging mit 3 Niederlagen ziemlich daneben. Dabei entpuppte sich ein vermeintlicher Figurengewinn in Runde 2 (leider war die Randkanone von einem Elefanten am Flußufer gedeckt, wo gibt es denn sowas?!) als Wagen- resp. Qualitätsopfer. Die Partie in Runde 3 war dafür sehenswert: das Opfer eines Wagens für zwei Figuren nebst anschließendem Kanonenopfer erbrachte eine aussichtsreiche Angriffsstellung, die in Zeitnot aber nicht ausgenutzt werden konnte. Auch die post-mortem-Analyse von GM Xu Tianhong (unserem Betreuer vor Ort) erbrachte keinen Aufschluß. Erst GM Liu Dahua fand eine Fortsetzung des Angriffs, die EVENTUELL trotz möglichem Rückopfer und zwei Minussoldaten aufgrund der Feldherrenstellung des Gegners Gewinnaussichten hätte bieten können ...
 
In Runde 4 dann der erste Erfolg gegen einen jungen Indonesier, der eine letzte Remis-Chance verpasste und sich 1-zügig mattsetzen ließ.
Aus den beiden nachfolgenden Partien gegen japanische Gegner - wie immer harte Kämpfe - sprang leider nur ein halber Punkt heraus :-(
Dabei konnte sich Yoichiro Matsumo verdient für seine WM-Niederlage von Xintai revanchieren ...
 
Die Runden 7+8 gaben dann endlich wieder Anlaß zu Freude und Hoffnung:
Mit 2 Siegen gegen einen etwas zu wild agierenden Spieler aus Myanmar sowie einem aus wohl verlorener Stellung erschwindelten Sieg über einen jungen russischen Gegner konnte der Score auf 3½ Punkte ausgebaut und auf die Plätze 5-10 der Nicht-Asiaten-Wertung vorgestoßen werden.
Die letzte Runde sah eine Wiederholung der Eröffnung aus Runde 8 gegen He Zhi Min (Italien), der das Mittelspiel aber deutlich stärker behandelte und letztendlich auch verdient gewann. Vorbei damit die Chance, mit einer Schlußrunden-Überraschung noch in die Preisgeldränge vorzustoßen.
 
Mit 3½ Punkten aus 9 Partien wurde es damit Platz 54 von 68 Teilnehmern, zudem Platz 15 in der NCNV-Wertung. Auch Michael Nägler verlor die letzte Runde und kam auf 3½ Punkte, aufgrund der besseren Buchholz bedeutete dies den 9-ten Platz der Nicht-Asiaten. Den 8-ten Platz und damit den letzten Geldpreis in dieser Wertung sicherte sich Uwe Frischmuth, der mit einem Schlußrundensieg über einen Gegner aus Myanmar an den Teamkollegen vorbeiziehen konnte - herzlichen Glückwunsch!
 
Im Damenturnier belegte Wu Caifang nach zwei Auftaktsiegen und 7 Niederlagen in Folge den 8. Rang.
 
Pu Fangyao und Xue Zhong spielten ein gänzlich anderes Turnier - Fangyao in Runde 2 sogar gegen den Weltmeister von 2007, Xu Yinchuan - und kamen beide auf 5 Punkte, was zu den Plätzen 22 und 29 reichte.
 
Wie immer war die WM aber ein tolles Erlebnis, das jedem Nachwuchsspieler nur als Fernziel empfohlen werden kann!